Mittwoch, 19. März 2014

A Whole Lotta Issues



Oh Lotta, oh Lotta… Irgendwie scheinst du mir kein Glück zu bringen…
Nachdem  die erste Nacht in meinem kuscheligen Van sehr gemütlich war und ich wie ein Murmeltier geschlafen habe, werde ich nach meiner zweiten unfreiwilligen Nacht in Brisbane am Riverside Drive (so einen Van zu putzen, mit Equipment auszustatten und neu bereifen zu lassen frisst doch mehr Zeit als vermutet) unsanft um halb 7 vom City Council geweckt. Oh hätte ich mich doch nur totgestellt. Denn obwohl hier unzählige andere Backpacker stehen, der Spot in meiner WikiCamps-App eingetragen ist und laut Kommentatoren von der Polizei toleriert wird, ist das Übernachten im Auto hier wohl doch verboten. Und weil wir hier in Australien sind, dem Naziland der Strafen, kostet mich der Spaß 550 Dollar. Richtig gelesen. 550. Was zur..!?! So hab ich mir den Start meines Campingtrips nicht vorgestellt. Scheißstadt. Ich wollte doch keine Nervenzusammenbrüche mehr, verdammt! Die anderen Backpacker der Reihe sind auch alles andere als amused und ziemlich ratlos, vor allem weil die Strafe eben nicht pro Fahrzeug, sondern pro Person  verteilt wird. Fuck hoch drei. Und keiner ist sich so recht sicher, ob man das denn nun bezahlen muss oder nicht, weil es ja nur das City Council ist und nicht die Polizei. Und weil die Beamten selbst zu mir meinten, ich könnte ja Einspruch einlegen und mir sogar die Adresse auf der Rückseite gezeigt haben, an die ich die Beschwerde schicken muss. Mein Tag ist jedenfalls so oder so erstmal gelaufen. Pimmelkacke ey. Aber gut, jetzt war das Kind auch schon in den Brunnen gefallen und ich hoffe bis jetzt immer noch das Beste – vielleicht hat die Beschwerde ja Erfolg. So schnell sieht das Brisbane City Council jedenfalls erstmal kein Geld von mir!
Frustriert verlasse ich die Stadt nach einer kostenlosen kalten Dusche am City Beach (am liebsten würde ich ja für 550 Dollar Wasser verduschen und finde auch, dass bei den Einnahmen ruhig auch kostenlose warme Duschen zur Verfügung stehen könnten) so schnell es geht – mit einem kleinen Zwischenstop auf dem Mount Cooth-Tha, um mir Brisbane nochmal aus sicherer Entfernung ein wahrscheinlich letztes Mal anzugucken. Auf Nimmerwiedersehen, du Arschlochstadt, du!


Ich steuere erstmal Ipswich an und bekomme dort in der Visitor Information den Tipp, zum Crows Nest Nationalpark zu fahren, weil man da günstig campen und auch ein bisschen wanderkönnte. Gesagt, getan. Leider schaffe ich es nicht nach Crows Nest. 40 Minuten vor dem Ziel kann auch laute Musik die seltsamen Geräusche nicht mehr übertönen, die Lotta macht und meine vorherige Hoffnung, dass sie von den Bauarbeiten an der Straße kommen wird von einer steigenden Motortemperaturanzeigenadel brutal zunichte gemacht. Kacke. Ich halte also an der nächsten Rest Area und sehe mir das Elend aus der Nähe an: die beunruhigenden Geräusche rühren nämlich daher, dass irgendwo Kühlwasser rausblubbert, das in seinem Tank wiederum selbst ordentlich und beunruhigend vor sich hinblubbert. Kacke. Weiterfahren scheint erstmal keine gute Idee zu sein, vor allem weil es hier schon so früh dunkel wird – nämlich um Punkt halb 7 (Verrückte andere Seite der Welt. Ich lobe mir an dieser Stelle die deutsche Sommerzeit!) – und ich nicht gerne im Dunkeln irgendwo im Wald stehenbleiben möchte. Oh man, was ist das denn bitte für ein verdammter Kacktag? Australien scheint mich sehr zu hassen. Oder ich habe irgendwie mein Kharma versaut.
Gut, bleibe ich eben hier. Auf der Ravensbourne Rest Area ist immerhin 20 Stunden Anhalten erlaubt, auch über Nacht (ich will ja nicht schon wieder ein Knöllchen kriegen, haha. Galgenhumor). Und Toiletten gibt es auch. Hurra, hab ich ein Glück! Als ich mich mit ein paar Nudeln und Tomaten-Gemüsesoße trösten will setze ich dann erstmal  - ganz nach dem bisherigen Tagesverlauf - bei meinem ersten dilletantischen Wechselversuch einer Gaskartusche kurz den Kocher in Flammen, was mich vor Schreck kurz sehr unmännlich Aufschreien lässt. Aber danach sehe ich immerhin, was ich falsch gemacht habe und es war glücklicherweise nur eine kurze Flamme und die ist erst ausgebrochen als die Kartusche schon wieder raus war. Also keine Panik, Mama - Es bestand vermutlich keinerlei Explosionsgefahr. Aber für alle anderen unwissenden Camper: Der Nupsi muss in das Loch da am Ring oben! ;) Jaja. Am Ende kriege ich doch noch meine Nudeln und werde gut von irgendwelchen Viechern verstochen, die ich nichtmal sehe, dafür aber nachts nicht von einem Axtmöder heimgesucht. Halleluja, immerhin etwas Gutes!
Am nächsten Morgen entdecke ich, dass australische Spinnen springen können und dies auch gerne tun. Zum Glück war es nur ein kleines, vermutlich ungiftiges Exemplar. Halleluja. Ich schaffe es auch ohne weiteres blubberndes Kühlwasser zum Crows Nest Nationalpark und lerne meine erste Lektion: wenn man Warane über den Campingplatz watscheln sieht sollte man sie sofort fotografieren, denn sie gehören nicht zum Inventar und kommen nicht wieder. Mist. Die Truthahne (Truthähne?) dafür schon, und zwar mehrmals täglich und ohne geringste Furcht:

 
Und weil mir so schnell langweilig wird beschließe ich, mittags noch ein bisschen zu „wandern“. Blöderweise ist es ziemlich heiß und blöderweise haben wir Ende des Sommers. Das heißt, dass die Crows Nest Falls ausgetrocknet sind und auch der Koonya Pool quasi nicht existiert.

Zu meiner Aufmunterung ist aber wenigstens der Bottlebrush Pool mit Wasser gefüllt und die mit über 4 Stunden angegebene „Wanderung“ zum Koonin Lookout dauert insgesamt mit vielen Pausen ca. 1 ½. Mehr hätte ich bei fast 40 Grad auch nicht geschafft, da ich konstant transpiriere. Wenigstens funktioniert meine Wasserpumpe noch. Äh ja.




Zurück am Campingplatz habe ich einen erneuten sehr heftigen Streit mit einer zickigen Spinne, die während meiner „Wanderung“ meinen Campingstuhl (auch noch den guten!) besetzt hat und jetzt nicht mehr hergeben will. Fieses Miststück. Zum Glück ist auch dieses Exemplar klein und vermutlich ungiftig. Aber es kann auch springen. Hmpf.
Danach lerne ich noch, was ein Donkey ist (ja, wie das Tier, aber eben nicht das Tier) und wie eine „boil your own Water“-Shower funktioniert. Also eine „Dusche“, die aus einem Beutel besteht, in den man Wasser reinfüllt, das man vorher in einem Ofen aufgewärmt hat. Ich hätte ein Foto machen sollen. Aber nach einem schwitzigen Tag findet man alles toll, was auch nur Ansätze einer Dusche hat.
Der nächste Tag ist so heiß, dass ich schon im Sitzen beim Lesen schwitze. Ein netter Ranger gibt mir indessen die Adresse eines guten Mechanikers und rät mir, einfach noch einen Tag hier zu bleiben und nicht zu bezahlen, weil nach ihm eh kein Kontrolleur mehr kommen würde. 5,60$ gespart. Hurra. Da ahnt das Schwabenherz aufkeimendes Glück!

Und da hat sich das Schwabenherz zu früh gefreut. Der nächste Tag beginnt mit Regen und saurer Milch und einem Auto, das nicht mehr anspringen will. Hurra. Talk about Luck, wenn dir die Karre auf dem Weg zum Mechaniker verreckt. Mittlerweile habe ich aber schon so sehr resigniert, dass mich auch das nicht mehr aufregen kann. Ich bitte einen der wenigen Mitcamper (und den einzigen Mann auf dem Campground – Sexismusklischée!) um Starthilfe, aber das funktioniert auch nicht, da es nicht an einer toten Batterie zu liegen scheint. Großartig. Mit meinen verbliebenen 10% Handyakku rufe ich den Mechaniker an und bitte ihn um Rat/Hilfe. Diese schickt er mir dann glücklicherweise auch, und zwar in Form eines Abschleppwagens für ca. 150$. Während ich auf einen Rückruf warte, fällt dann das Handynetz aus. War ja klar. Zum Glück kommt der Abschleppdienst nach 1 ½ Stunden aber auch ohne Rückbestätigung und die gute Lotta wird aufgeladen und ich bekomme eine sehr teure Taxifahrt nach Toowoomba, während der ich mich mit dem Abschleppmann über Deutsche Schäferhunde unterhalte. Oh Boy.

 
Nach einem ganzen Tag beim Mechaniker ist die Gute dann immer noch nicht flott und ich packe notdürftig ein paar Sachen zusammen und begebe mich zum nächsten Campingplatz, wo ich 25 Dollar für ein Stück Rasen zum Zelt aufstellen bleche (was aber immer noch 50 Dollar billiger ist als das günstigste Hotelzimmer der Stadt – Hostels gibt es in Toowoomba nämlich nicht). Meinen Abend verbringe ich dann selig mit der ersten richtigen Dusche nach 5 Tagen und einer Handy-/Netbook-Aufladesession im Waschraum. Hier gibt’s wenigstens Licht und nicht allzuviele Mücken. Und coole Countrymusik aus dem Radio. Und sogar einen Stuhl! (mit ziemlich vielen Spinnenweben, aber nach notdürftiger Entfernung entscheide ich, dass es ganz alte Spinnenweben sein müssen). Es würde allerdings zu diesem Tag passen, hier im Waschraum an einem Spinnenbiss zu sterben. 

Und so sitze ich nun hier schon den zweiten Tag und hoffe, dass der dritte Tag nur Gutes bringt und die gute Lotta für nicht allzuviel Kohle tiptop repariert und roadtriptauglich gemacht wurde. Ich klopfe dreimal auf Holz und kreuze alle Finger, die ich habe. Langsam muss doch auch mal was gut gehen, oder? 

Manchmal wäre ich schon gerne daheim. In meinem gemütlichen Bett. In einem richtigen Zuhause. Mit einem funktionierenden Kühlschrank, unbegrenztem W-Lan, einer Butterbrezel in meiner linken und einem kalten Schwabenbräu in meiner rechten Hand. Achje…

Ich finde, es wird langsam echt Zeit, dass ich zum Trost wenigstens mal einen Koala zu Gesicht bekomme!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen